In unserer leistungsorientierten Welt, die „schön“ oft als Ziel und Maßstab setzt, verlieren wir leicht den Zugang zu dem, was Kreativität eigentlich sein sollte: ein freier Raum ohne Bewertung. „Unschön“ ist für viele ein Urteil, das Fehler und Unvollkommenheit meint – doch genau darin liegt oft das Wertvollste. Denn das, was wir als „unschön“ empfinden, kann ehrlich, lebendig und befreiend sein.
Dieser Druck begleitet uns häufig in Bereiche, die eigentlich Raum für Freiheit und Entfaltung bieten sollten – wie die Kunst. Kreativität wird zum Wettbewerb, ein innerer Kritiker wacht streng über unsere Versuche. Doch genau das nimmt uns etwas Wertvolles: die Möglichkeit, uns zu spüren, loszulassen und uns auf das einzulassen, was gerade ist.
Die Angst vor dem Unperfekten
Wann haben wir eigentlich verlernt, ohne Erwartungen zu malen, zu kritzeln oder zu gestalten? Als Kinder war es uns egal, ob unser Bild „richtig“ war. Die Linien durften tanzen, die Farben leuchten – ohne Ziel, ohne Urteil. Doch irgendwann hörten wir: „Das sieht komisch aus“, „Du kannst das nicht“, oder wir erlebten, dass Anerkennung an Leistung gebunden ist.
Kreativität wurde zu einem Maßstab: Ein Werkzeug, um gut genug zu sein. Doch in Wahrheit ist sie ein Ausdruck unserer Lebendigkeit – unbewertet und ungefiltert.
Kunsttherapie: Kreativität als Spiegel des Inneren
„Aber ich kann doch gar nicht malen!“ Diesen Satz höre ich immer wieder – oft gefolgt von der Sorge: „Brauche ich nicht Talent oder besondere Fähigkeiten für Kunsttherapie?“ Die klare Antwort darauf ist: NEIN!
In der Kunsttherapie geht es nicht um Talent, Begabung oder das perfekte Bild. Es geht darum, das, was in dir ist, sichtbar zu machen – ohne Bewertung, ohne Druck. Ein Strich, eine Form oder ein wilder Farbklecks sagt oft mehr als Worte, und jeder kann diesen Ausdruck finden. Deine Kreativität ist bereits da, egal ob du dich für „künstlerisch“ hältst oder nicht.
In meiner Arbeit lade ich Menschen dazu ein, das Ergebnis loszulassen und stattdessen den Prozess zu erleben. Ein chaotisches Bild, eine wilde Linie oder ein „unschöner“ Fleck erzählt oft mehr als ein perfekt komponiertes Werk. Es zeigt, was gerade da ist: Unruhe, Energie, Freude oder vielleicht auch Leere. Alles darf seinen Platz haben, ohne geschönt oder verbessert zu werden.
Wenn du dich traust, das Unschöne zuzulassen, passiert vielleicht etwas Magisches:
Loslassen: Der Druck, Erwartungen zu erfüllen, fällt ab. Der Prozess wird wichtiger als das Ergebnis.
Ehrlichkeit: Du siehst das, was in dir ist – roh, unzensiert und echt.
Befreiung: Im „Unschönen“ liegt Freiheit, weil du es nicht mehr verstecken oder verändern musst.
Ein kreativer Impuls für dich
Heute lade ich dich ein, den Mut zu haben, etwas entstehen zu lassen, das nicht „schön“ sein muss.
Nimm dir ein Blatt Papier und ein paar Farben oder Stifte.
Setze dich ohne Plan hin und beginne einfach. Kritzele, male, lass die Hand sich bewegen, ohne zu bewerten.
Betrachte dein Bild anschließend mit Neugier. Was zeigt sich dir? Was spürst du, wenn du das „Unschöne“ zulässt?
Schönheit im Unperfekten
Kreativität bedeutet, Raum zu schaffen – für alles, was gerade ist. Das „Schöne“ und das „Unschöne“ gehören zusammen. Wenn wir den Mut haben, beides zuzulassen, entsteht etwas Echtes. Etwas, das vielleicht nicht perfekt aussieht, aber lebendig ist.
Was wäre, wenn das „Unschöne“ genau das ist, was du heute brauchst?
Lass dich überraschen.
Ich bin Christina, Künstlerin, Psychologische Beraterin und Kunsttherapeutin in Ausbildung - melde dich gerne, wenn du Fragen zu meiner Arbeit, Interesse an einer Zusammenarbeit in einem geschützten Rahmen hast - oder lasse gerne einen Kommentar hier :)
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